Carta de Erna Brandenberger a Francisco Ayala (20/11/1971)
Zürich,
20. Nov. 71
Lieber
Herr Ayala,
Ihnen
müssen die Ohren geläutet haben! Ihr Brief, der mich natürlich ausserordentlich
überrascht und ebenso sehr gefreut hat, kam nämlich genau in der Woche an, als
ich mit meinem Spanisch-Lektüre-Kurs an der Volkshochschule "El fondo del
vaso" austeilte und zu lesen anfing. In demokratischer Abstimmung, wie es
eben in der Schweiz üblich ist, entschieden sich die Kursteilnehmer aus einer
Auswahl von zeitgenössischen Romanen, die ich ihnen vorlegte, für Ihren.
Eigentlich wollten wir "Muertes de perro", aber die Ausgabe bei Alianza
Editorial ist vergriffen, und so wählten wir "El fondo del vaso".
Herr Manuel Andújar schickte mir die Bücher mit Windeseile, und er freute sich
sichtlich über unsere Wahl. Der Kurs ist jeweils am Mittwochabend, zwei
Stunden, und es sind immer über 30 Teilnehmer, was für einen
Fortgeshrittenenkurs in Zürich eine recht grosse Zahl ist. Natürlich finden
vorläufig noch alle, das Buch sei schwer zu lesen, aber die ersten Kapitel sind
schliesslich immer die schwierigsten. Nun würden wir uns natürlich alle
herzlich freuen, wenn Sie uns bei Ihrem Europaaufenthalt im Januar in Zürich
besuchen könnten. Es wäre natürlich für alle ein grosses Erlebnis, mit Ihnen
über den Roman sprechen zu können. Ich habe bereits bei der Direktion der
Volkshochschule angefragt, und sie würden etwas bezahlen. Und ich zweifle nicht
daran, dass man den verschobenen Vortrag an der Universität und zusammen mit
Herrn Eugenio de Nora in Bern (ich habe ihn schon bald ein Jahr nicht mehr
gegehen, denn am Freitag,wenn er in Zürich ist, bin ich in St.Gallen) und
wahrscheinlich noch in St.Gallen an der Hochschule für
Wirtschaftswissenschaften einen Vorxxx trag organisieren könnte, sodass die
Reise sich besser lohnt. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie Zeit und Lust
hätten, die Reise einzurichten. es ist zwar schon ein bisschen spät dafür, aber
vielleicht lässt es sich noch machen.
Ich
begreife nicht, warum Sie die Belegexemplare der "Narradores españoles
fuera de España" nicht bekommen haben. Das Buch ist schon seit Mai im
Handel, und der Verleger schrieb mir schon im Mai, die Exemplare für die
Autoren würden sofort verschickt. Ich finde, es ist ein hübsches Bändchen
geworden. Leider liess sich der Titel nicht mehr ändern, wie Sie es mir
vorschlugen, der Graphiker hatte seinen Entwurf schon fertig. Ich habe keine
Ahnung, wie gut oder wie schlecht der Verkauf geht.
Mein
Leben ist ziemlich geruhsam, das heisst, meine Arbeiten gehen alle viel
langsamer vorwärts, als ich eigentlich möchte. Meine "Estudios sobre el
cuento contenporáneo" sind nun auf Spanisch übersetzt, und ich bin am
Korrigieren der Uebersetzung.
Hoffentlich
hält ALFAGUARA Wort und publiziert das Buch bald. Einen deutschen Verleger habe
ich immer noch nicht gefunden. Das Thema scheint allen zu speziell, mit andern
Worten, niemand kann mit spanischer Literatur etwas anfangen. Ein erster
Lichtblick ist der Universitätsverlag Carl Winter in Heidelberg, aber da müsste
ich eine Finanzierungshilfe finden.
Und
sonst gebe ich immer noch Schule, neuerdings nun endlich auch Spanisch, hie und
da (viel seltener als ich möchte) schreibe ich Zeitungsartikel zur spanischen
Literatur, und bin dabei, die Uebersetzung der Weihnachtsanthologie fertig zu
machen. Wenn Sie zufällig noch eine sarkastische oder sonstwie böse
Weihnachtsgeschichte haben, glaube ich, dass sie noch Platz hat.
"El
jardín de las delicias" möchte ich sehr gern haben, ich habe es
angekündigt gesehen, aber nicht bekommen. Auch das von Estelle Irizarry würde
mich natürlich sehr interessieren.
Unterdessen
habe ich Ihnen eines von meinen Exemplaren der zweisprachigen Anthologie
geschickt, damit Sie einmal etwas in Händen haben. Bei nächster Gelegenheit (es
sind weitere solche Bindchen geplant) werde ich beim Verlag reklamieren.
Es
hat mich herzlich gefreut, dass Sie mir geschrieben haben,und ich hoffe sehr,
dass die Schweizer Reise zustandekommt.
Herzliche
Grüsse